Ohne Rauch geht's auch - oder?
Es ist leicht, das Rauchen aufzugeben. Johnny hat es schon hundert Mal geschafft. Nur diesmal soll es endgültig sein. Wirklich endgültig. Und wieder einmal fragt er sich, warum er denn damals angefangen hat. Ursprünglich wollte er vielleicht unseren Staat unterstützen. Johnny hatte schon immer einen Charakter, der etwas Soziales und Hilfsbereites schwach durchschimmern lässt. 90 Prozent vom Preis einer Zigarettenschachtel gehen schließlich an Papa Staat. Außerdem hat Nikotin nur positive Eigenschaften. Es beruhigt, regt aber gleichzeitig an. Und von den tausenden verschiedenen Rauchstoffen, die man mit einem schönen Zug in der Lunge zusätzlich willkommen heißt, können höchstens 20 Arten krebserregend sein. Also nicht einmal 1 Prozent, das Risiko ist also verschwindend gering. Und da Kettenraucher Johnny außerdem mit Hilfe der Glimmstengel höchstens 40 Jahre alt werden dürfte, spart er dem Staat auch noch seine Pension und hilft mit, das Budget zu sanieren. Edel gedacht, wirklich edel. Also woher kommt Johnnys plötzlicher Sinneswandel? War es Geldmangel, eine Nichtraucher-Freundin oder eine Wette? Viel trivialer. Seine Lunge bedankte sich auf einmal sonderbarerweise zwei Wochen hindurch für jede Zigarette, die er ihr in der Vergangenheit gegönnt hatte. Johnny sitzt vor seinem Computer und schaut auf die Uhr. Schon fünf Stunden lang. Nicht schlecht. Sein PC ist damit beschäftigt, ein Backup zu machen. 239.923 Dateien. Das dauert. Jetzt wäre doch gerade Zeit für eine, kleine, allerletzte ... NEIN! Er reißt sich zum zehnten Mal zusammen. Sechste Stunde. Johnny geht entnervt zu seinem Geheimsicherheitszigarettenversteck für Notfälle. Ist ja wirklich eine Schweinerei, das Backup-Programm ist bei 99 Prozent abgestürzt! Nach dem genüsslichen Verzehr dieser neuerlichen allerletzten Zigarette beginnt Johnny wieder nachzudenken. Wenn er sich beschäftigt, kann er wenigstens nicht so leicht auf die Idee kommen, zu einem Tabakprodukt zu greifen. Am liebsten beschäftigt sicht Johnny ja mit seinem PC. Allerdings lauern da auch die größten Gefahren. Nichts ist quälender, als wenn man auf Wartezeiten vor dem Blechkastl stößt. Gleich am nächsten Tag geht Johnny zu einem Computerhändler und kauft sich ein Motherboard mit einem Pentium IV. Die nächsten drei Nächte ist er mit dem Einbau beschäftigt. Ergebnis: Nur 2,3 Zigaretten pro Tag. Und der Computer funktioniert endlich wieder. Inzwischen ist ein Monat vergangen. Johnnys Statistik liegt bei 0,56 Zigaretten pro Tag. Die wenigen Gerauchten wurden wegen der folgenden Gründe genehmigt:
- Eine für den Film „Matrix II“, den er sich aus dem Internet verbotenerweise geholt hatte – und das noch vor der Premiere! (Als der Download endlich nach einer Woche beendet war, stellte sich heraus, dass sich jemand einen Scherz erlaubt hatte, es war ein Fake. Was soll’s, Cinderella ist auch ein netter Film, immerhin in Super-VHS Qualität!)
- Zwei für "Harddisk failure". Die Festplatte ist pünktlich eine Woche nach Garantieablauf eingegangen.
- Nur eine für die Neuinstallation seines PCs (alle Achtung).
- Eine, als er die Telefonrechnung für seine Internet-Aktivitäten bekam (das restliche Packerl mit 19 Zigaretten zerdrückte er voller Wut).
- Eine für die Provider-Rechnung, die eine Woche nach der Telefonrechnung eintrudelte.
- Eine für den Kaffee, den er über die Tastatur und seine Arbeitsunterlagen schüttete. (Die Tastatur hat dann nicht mehr funktioniert, was aber das kleinere Übel war).
- Vier Züge an einer Zigarette, weil er unbeherrscht die Reset-Taste drückte, als er das Prinzip von Multitasking begriff (alle arbeiten, nichts tut sich).
Das waren die allerwichtigsten Gründe. Zwei Monate später. Johnny fühlt sich wohl. Es geht ihm gut, er fühlt sich ausgeglichen. Er ist wirklich froh, dass er seinen Computer verkauft hat. Seither hat er zu gar keiner Zigarette mehr gegriffen. |
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Ohne Rauche geht's auch ...
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